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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 1 B 1024/08
Rechtsgebiete: BPersVG, PostPersRG
Vorschriften:
BPersVG § 69 Abs 5 | |
BPersVG § 76 Abs 1 | |
BPersVG § 77 | |
PostPersRG § 28 | |
PostPersRG § 29 | |
PostPersRG § 4 Abs 4 |
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1. Senat
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Zuweisung
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch
Präsident des Hess. VGH Reimers,
Richter am Hess. VGH Kohlstädt,
Richterin am Hess. VGH Schild
am 25. Juni 2008 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 8. April 2008 - 5 L 242/08.GI - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die fristgerecht eingegangene und auch ansonsten zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bieten keinen Anlass zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Zuweisungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2008 weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig eingestuft und bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen dem öffentlichen Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung des Bescheides den Vorzug vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers gegeben. Der Senat nimmt daher gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug und weist ergänzend auf Folgendes hin:
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Zuweisung des Antragstellers zur Vivento Customer Services GmbH als Servicecenter-Agent für die Zeit vom 18. Februar 2008 bis 18. November 2008 können sich daraus ergeben, dass die Antragsgegnerin die immerhin neun Monate umfassende Zuweisung des Antragstellers mangels Zustimmung des Betriebsrates der Niederlassung Personalbetreuung für zu Töchtern beurlaubte Mitarbeiter (PBM-NL) im Personalservice Telekom (PST - kurz: Betriebsrat PST) auf der Grundlage von § 69 Abs. 5 BPersVG ausgesprochen hat. Denn gemäß § 28 Abs. 1 PostPersRG ist der Betriebsrat in den Angelegenheiten der Beamten nach § 76 Abs. 1 BPersVG sowie nach § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 PostPersRG zu beteiligen. Er hat gemäß § 29 Abs. 1 PostPersRG bei diesen Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht, auf das § 77 BPersVG entsprechend anzuwenden ist, d. h. die Zustimmungsverweigerung ist innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 29 Abs. 2 PostPersRG) und die Zustimmung darf nur aus den in § 77 Abs. 2 BPersVG genannten Gründen verweigert werden. § 29 Abs. 3 PostPersRG regelt weiter, dass die Einigungsstelle anzurufen ist, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat in den Fällen des § 76 Abs. 1 BPersVG sowie des § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 PostPersRG keine Einigung erzielt werden kann. Die Einigungsstelle soll binnen zwei Monaten entscheiden. Gemäß § 29 Abs. 4 PostPersRG gilt die Regelung des § 69 Abs. 5 BPersVG entsprechend, d. h. der Leiter der Dienststelle kann bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er hat dem Betriebsrat die vorläufige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Einigungsstellenverfahren einzuleiten.
Die Antragsgegnerin hat zwar nach der Ablehnung durch den Betriebsrat PST die Zuweisung des Antragstellers zur Vivento Customer Services GmbH nur vorläufig auf der Grundlage von § 69 Abs. 5 BPersVG ausgesprochen und auch den Betriebsrat mit Schreiben vom 25. Februar 2008 über die vorläufige Maßnahme sowie die Einleitung des Einigungsstellenverfahrens informiert. Fraglich erscheint jedoch, ob auf der Grundlage einer derartigen vorläufigen Regelung die befristete Zuweisung von Anfang an für neun Monate ausgesprochen werden durfte, obgleich nach der ausdrücklichen gesetzlichen Vorgabe in § 29 Abs. 3 Satz 1 PostPersRG die anzurufende Einigungsstelle binnen zwei Monaten entscheiden soll und damit die für neun Monate ausgesprochene Zuweisung voraussichtlich länger dauern wird als das Einigungsstellenverfahren in Anspruch nimmt (vgl. zur Beschränkung der Zeitdauer auf das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren: Bay. VGH, Beschluss vom 08.09.1993 - 18 P 93.2374 - = PersR 94, S. 132 sowie BVerwG, Beschluss vom 02.08.1993 - 6 P 20.92 -). Denn im Gewand der vorläufigen Maßnahme darf nicht die endgültige Maßnahme bereits durchgesetzt werden (s. Hess. VGH, Beschluss vom 10.08.1988 - BP V TK 964/87 - unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 19.04.1988 - 6 P 33.85 - = DVBl. 1988, 699). Zudem hat die Antragsgegnerin selbst beim Betriebsrat der aufnehmenden Vivento Customer Services GmbH ( Betriebsrat VCS) zunächst nur die Zustimmung zur befristeten Zuweisung bis 30. Juni 2008 erbeten und mit Schreiben vom 21. Februar 2008 erhalten, so dass möglicherweise eine zunächst bis 30. Juni 2008 befristete Zuweisung den Interessen der Antragsgegnerin in ausreichendem Maße Rechnung getragen hätte.
Andererseits ist mittlerweile bereits absehbar, dass sich das Mitbestimmungsverfahren doch länger hinziehen wird, nachdem der Betriebsrat PST das Verwaltungsgericht Berlin angerufen und die Antragsgegnerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt hat. Auch hat der Betriebsrat VCS mit Schreiben vom 29. Mai 2008 seine Zustimmung zur Verlängerung der Befristung bis 18. November 2008 erklärt. Darüber hinaus nimmt der Zuweisungsbescheid vom 14. Februar 2008 ausdrücklich auf die bislang fehlende Zustimmung des Betriebsrates Bezug und bezeichnet die Maßnahme als eine vorübergehende Zuweisung bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass die Antragsgegnerin die Zuweisung von sich aus aufheben wird, wenn zwischen der Antragsgegnerin und dem Betriebsrat rechtskräftig geklärt ist, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert hat oder die Grenzen einer nach § 69 Abs. 5 BetrVG erlaubten Maßnahme überschritten worden sind. Die formellen Zweifel führen deshalb noch nicht dazu, die Zuweisungsentscheidung der Antragsgegnerin als offensichtlich rechtswidrig einzustufen.
Materiell ist die Zuweisung jedenfalls insoweit rechtmäßig, als die Antragsgegnerin sie auf § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 PostPersRG gestützt hat und dabei davon ausgegangen ist, dass nicht nur für eine dauerhafte Zuweisung, sondern auch für eine vorübergehende Zuweisung - wie sie hier als vorläufige Maßnahme verfügt worden ist - die Zustimmung des Beamten nicht erforderlich ist. Denn insoweit spricht der gesetzessystematische Zusammenhang von § 4 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 PostPersRG - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - dafür, dass die Zustimmungspflichtigkeit an den Umstand geknüpft ist, ob dem Beamten eine Tätigkeit bei irgendeinem Unternehmen oder ob ihm eine Tätigkeit bei einem Tochterunternehmen der Telekom AG zugewiesen werden soll. Nur wenn er konzernfremd bei einem völlig anderen Arbeitgeber beschäftigt werden soll, ist seine Zustimmung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 PostPersRG erforderlich, und dies bereits dann, wenn nur eine vorübergehende Tätigkeit geplant ist. Dauerhafte Zuweisungen zu konzernfremden Unternehmen sieht § 4 Abs. 4 PostPersRG überhaupt nicht vor. Im Gegensatz dazu ist bei der Verwendung in einem Tochterunternehmen der Telekom AG nicht einmal die dauerhafte Zuweisung an die Zustimmung des Beamten geknüpft; für eine nur vorübergehende Zuweisung besteht noch weniger eine besondere Schutzwürdigkeit, so dass hier das Zustimmungserfordernis erst recht nicht greift (so auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.11.2007 - 3 MB 48/07 -).
Fraglich erscheint allerdings jenseits des Zustimmungserfordernisses, ob dem Antragsteller in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG eine "dem Amt entsprechende Tätigkeit" übertragen werden soll und die Zuweisung "nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist". Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich die zugewiesene Tätigkeit als Servicecenter-Agent für den Antragsteller als technischer Beamter des mittleren Dienstes (A 9 BBesO) als amtsangemessen erweist. Gegen die Bewertung als amtsangemessen mag zunächst die dem Antragsteller von Vivento ausgehändigte Aufgabenbeschreibung für Servicecenter-Agenten sprechen, die unter "Ausbildungsniveau" keine besondere Ausbildung oder Berufserfahrung verlangt und funktionsspezifisches Fachwissen innerhalb von ein bis zwei Monaten als erwerbbar einstuft. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin mit ihrer Checkliste "konzerninterne/konzernexterne Zuweisung" für die Tätigkeit als Call-Center-Agent ein Anforderungsprofil vorgelegt, das eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie für den oberen Bereich der Beamten des mittleren Dienstes (A 7 bis A 9) auch völlig selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten voraussetzt. Diese beiden Aufgabenbeschreibungen stehen in ihren Eingangsanforderungen in deutlichem Widerspruch zueinander, der sich im Rahmen des Eilverfahrens nicht weiter aufklären lässt. In der nachfolgenden Kurzbeschreibung der wahrzunehmenden Aufgaben findet sich in beiden Auflistungen eine Reihe von weniger anspruchsvollen Tätigkeiten, wie Kundenanrufe aktiv entgegennehmen oder proaktiv durchführen und in der Kundendatenbank dokumentieren; ob derartige Tätigkeiten der Laufbahn des mittleren Dienstes und innerhalb dessen der Besoldungsgruppe A 9 entsprechen, mag immerhin fraglich sein. Andererseits soll jedoch auch erfolgreiche Kundenreaktivierung und Verkaufsberatung (so die Checkliste Call-Center-Agent) bzw. Verkaufsberatung und erfolgreiche Kundenreaktivierung und Kundenrückgewinnung (so die Aufgabenbeschreibung von VCS) durchgeführt werden, was bei qualifizierter Kundenbetreuung sicherlich höhere Ansprüche an den jeweils tätigen Call-Center-Agenten stellt. Insofern lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres ausschließen, dass der von der Antragsgegnerin gezogene Vergleich mit dem früher im Back-Office tätigen Agenten, der von seiner Einstufung her einem Beamten des mittleren Dienstes entsprach, zutrifft. Zumindest eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuweisung lässt sich demgemäß auch aus mangelnder Amtsangemessenheit nicht herleiten.
Bei der somit anzustellenden Abwägung der Interessen des Antragstellers und der Antragsgegnerin ist das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Überlegungen zu dem Ergebnis gekommen, dass das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung überwiegt, da sie auf die sofortige Besetzung der freien Arbeitsplätze im Customer Service Center - Standort Frankfurt - angewiesen ist und ansonsten fremde Arbeitnehmer einstellen müsste, während der Antragsteller voraussichtlich ohne Beschäftigung bliebe. Denn nachdem er dem Übergang seines früheren Arbeitsverhältnisses zur Nokia Siemens Networks Services Deutschland GmbH und Co. KG aufgrund des Betriebsübergangs widersprochen hat, ist damit zu rechnen, dass die Alternative zur Beschäftigung bei Vivento Customer Services in dem Zustand des perspektivlosen Zuwartens bestünde, dem zahlreiche Beamte der Personalbetreuungsgesellschaften bei der Deutschen Telekom AG ausgesetzt sind. Andererseits sind besondere Nachteile der - vorübergehenden - Beschäftigung im Service Center Frankfurt weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere werden keine entgegenstehenden familiären Belange in dem Anhörungsbogen erwähnt, und auch entfernungsmäßig erscheinen die wenigen Kilometer mehr gegenüber der früheren Arbeitsstelle in Gießen jedenfalls befristet bis zu einer personalvertretungsrechtlichen Klärung ohne weiteres zumutbar.
Da die Beschwerde erfolglos bleibt, hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG und legt mangels sonstiger Anhaltspunkte den halben Auffangstreitwert zu Grunde.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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